Ursprung und der Bedeutung des Familiennamens „Spergser“– ein Stück „Fancy Etymo“ by dege.
Will dem Ursprung und der Bedeutung des Familiennamens „Spergser“ auf die Spur kommen, ganz ohne Fachleute oder Wissen z.B. von Namensträgern. Allgemein zugängliche Wissensquellen, semantische Kombinationen und Märchen erzählen sind die Werkzeuge. Ich nenne das „fancy etymo“ oder auch „intuitive Etymologie“. Los geht’s.
Die Spergser
„Spergser“ ist ein alter Tiroler Familienname, früher „Sperzger“ geschrieben. Berühmt geworden sind Vater und Sohn Konradin aus Glurns, der Vater Richter (Prozess gegen die „Lutmäuse“, 1520), der Sohn kaiserlicher „Feldherr“ im Bauernkrieg und im Sturm der Landsknechte gegen die Liga (1526/27). Ein weiterer Spergser in dieser Obervinschger Linie ist im 18. Jahrhundert als „von Sperges“ geadelt worden (er zeichnete die erste Landkarte Südtirols). Ein anderer Zweig scheint von Mölten und Ritten her zu stammen, Bauersleute, die ebenfalls gegen Ende des 18. Jahrhunderts notabel werden, als Besitzer des Hotel Elefant in Brixen, als Historienmaler und als wohlhabende Müller in Nals und Lana. Der Vater des Historienmalers hat sich in Gries bei Bozen als „Spetzger“ ins Kirchenbuch eintragen lassen. Soweit das Nötigste aus der Geschichte. Da nun Spergser kein Name ist, den man unmittelbaer versteht wie „Müller“, Bauer“, „Gruber“, stellt sich die Frage, was dieser Name wohl bedeuten mag. Ersuche, nachfolgenden Deutungsversuche mit einer großzügigen Prise Salz zu genießen.
Spetzger ausgeschlossen
Ist Spergser nur eine umgangssprachliche Form von „Spetzger“ im Gleichklang zu „Metzger“? Sagt der Duden: Metzger kommt von mlat. matiarius => matia, mattea Wurst => gr. Mattye Leckerbissen (eigentlich „Geknetetes“). Man sieht, wie weit zurück Wortketten reichen können. Wer hätte schon eine Mettwurst im alten Hellas vermutet?„Spetzger“ analog zu Metzger wäre ein „Speciarius“, Spezereihändler, Spetzger. Jawohl, Spetzger ist ein alter Name für Drogist, Apotheker, das steht oft in alten Zeitungen. Aber Sper ist nicht gleich Spez, auch wenn sich ein Bozner Sperzger in Spetzger hat umbenennen lassen. In „Spergser“ ist dieses sperrige „r“ drin, gefolgt von „gs“. Für diese eigenartige Häufung von Konsonanten ist Spetzger einfach zu glatt. Ich muss nach Sparziker, Sperziger, Sperzinger, auch Sparzinger, Sporzinger, Spartinger u. ä., suchen.
Stochern im Nebel
Versuche eine „altdeutsche“ Auflösung nach dem Modell ‚Sperz-ker – Im-ker‘; das „k“ wird abgeschliffen zu „g“, kein Problem. „Imme“ ist der altdeutsche Namen für Biene und „ker“ soll von Korb (vgl. Kar) kommen. „Kar“ ist doch etwas Hochalpines, nicht? Könnte der Name Sperz-kar oder Sparz-kar geheißen haben? Wobei Kar die Hochgebirgsmulde bedeutet und nicht Beruf oder Tätigkeit. Mir fällt der Arzker See in Hinterulten ein, der eigentlich Erz-Kar-See, der See am Erzkar ist. Damit hätte ich nach „kar“ („ger“) schon die zweite Silbe geknackt „erz“, wie Erz (Metall). Das lat. „artis“ halte ich in Reserve. Fehlt das „Sp“. Allgemein steht das Spa, Spe in den indoeuropäischen Sprachen für spalten, weit reichen (sparen), gedeihen, ausdehnen (daher Spes Hoffnung, Spatium Raum) bis zum genannten sparum, Speer. Der „Sparzker“ führt mich über den Duden sogar zur „Sparte“, was möglicherweise vom neulat. ‚Spartam nanscici‘ „ein Amt erlangen“ kommt Sperzker möglicherweise ein Amtsträger. Weit hergeholt.
Ein R muss sein
Die Suche nach einer lateinischen oder einer germanischen Wortwurzel auf „Sper, „Spar“, Spor“ gestaltet sich am Anfang „spärlich“, doch bei fortgesetztem Studium ergeben sich allerhand Verbindungen zur PIE-Wurzel *sper. Diese Bedeutungsgruppe hat den Vorteil, dass es sie auf Latein und auf Deutsch gibt. Beispiel dt. Speer (Wurfspieß) engl. spear, lat. sparum (Jagdspieß). Jetzt öffnet sich ein weites Feld. Da taucht sogar ein Spargelbauer auf. Warum? Weil sich der lautlich kommod herleiten lässt. Sagt der Duden: Spargel: smhd. Sparger, frz. asperge, mlat. sparagus… siehe da, der Spergser ist schon halb aus dem Mutterleib! Duden-mäßig geht es weiter im Alfabet. Nächster Eintrag: Sparren: Balken, die das Dach tragen, ahd. Sparro. Ist Sparzger Zimmermann? Leider fehlt dem Sparro das „z“. Im bairischdeutschen Erklärbereich fällt mir das Verb „sparzen“ ein (s.a. Passeirer Wörterbuch) was auseinanderhalten, abstemmen, „kliëben“, bedeutet und seinerseits romanischen Ursprungs sein dürfte (vgl. it. „spartire“, trennen, verteilen, einteilen) – wonach Sparzker, Sperzger, Spergser als Berufsbezeichnung vielleicht sogar die Bedeutung Verteiler von Aufgaben oder Gütern hätte, also entweder Krämer oder Schaffer oder Unteroffizier. Alles möglich, aber noch weiter hergeholt.
Hau den Knoten – Meine Favoriten
Ein Erzsucher oder Bergmann ergäbe sich leicht, wenn ich ein altdeutsches „sperzen“ als Verb annehme, das in Verbindung mit „Erz“ spezifisch bedeutet, erzhaltiges Gestein „kliëben“ oder „sparzen“ und es (analog zu Im-ker) in „kar“, Körben oder Karren abzutransportieren. Das würde auch wunderbar zu den rätischen Ursprüngen der Sperzger passen, denn bekanntlich sind am bedeutende Erzvorkommen Ofenpass (Eisen) über Jahrtausende hinweg abgebaut worden, wie übrigens entlang des ganzen Alpenbogens. Als allerletztes Zufluchtsmittel der „Berufs“-Erklärungen könnte man auf den Spargelbauer zurückgreifen, einem „Sparger“ (mhd.) der (lat.) ein „Asparagitarius“ wäre (=> Spergizer/Sperziger => Spergser).
Ortsnamen Spergs unbekannt
Zuletzt versuche ich es mit einem Ortsnamen als Wurzel. Beginnen wir mit der leichteren Übung der Endung des Wortes. Das „s“ betrachte ich in diesem Fall als ein Lokativ-Signal und übersetze Spergser zu „Spergiser“, als Mann/Mensch von Spergis, Sperges, Spergas, Spercas, Spergeis, Spergeins usw. kommt. (Nach dem Strickmuster von Spinges, Sp(er)ges. Spinges leitet sich nach L. Steub aus „spines“ (Dornen) her. Der deutsche „Perg“ dürfte in Spergser nichts zu suchen haben, weil dem das Anfangs-„S“ und die Endung „is“ oder „es“ dagegen steht. Der Name „Sperzger“ wäre dann in ein romanisches „Sperticus“ (Sperzigus, Sperziger, Sperzger) oder den fiktiven Ort „Spertiacum“ zu überführen. Wenn die Sperzger ursprünglich von Mölten hoch droben auf dem Salten (Tschögglberg) stammen, dann könnte romanische oder auch bairischdeutsche Örtlichkeit im Spiel sein. Auf der Landkarte ist sie nicht eingetragen. Und die Bedeutung bleibt im Dunkeln.
Wie es zu Familiennamen kam
Wir wissen, dass die Familiennamen, so richtig organisiert, erst im 18. Jahrhundert festgeschrieben wurden von den Meldebeamten der Kaiserin Maria Theresia. Das Grundbuch brauchte verlässliche Besitzernamen – und Hausnummern, versteht sich. Vorher und immer schon hatte es zum Rufnamen erklärende Beifügungen gegeben, wie wir das bei Herrschern („Ferdinand der Gütige“), Bürgern und Bauern („Schmidlbeck-Hons“) oder Spitznamen („Rollo“) kennen. Die meldeamtliche Fixierung folgte dann auch bestimmten Mustern. Ein Mann tritt vor den Beamten, der mit der Feder in der Hand die „Inwohner“ erfassen muss. „Wie heißet er?“ „Hons.“ „Also Johann. Wie noch?“ Unverständiges Schauen. „Ja, wie sagt man denn zu ihm, wenn es noch einen Hans gibt?“ „Asou, i bin der Seppenhans, s‘ andere isch der Niederkofler Hans.“ Eingetragen wird Johan Seppi und Johan Niederkofler. Nächster bitte! „Was machen’s?“ „Schmied.“ Eingetragen wird: Josef Schmid. „Wo steht ihr Haus?“ „Am Platz“. Gut, Amplatz. Jetzt aber antwortet einer fix: „I bin der Tragust Karl“. Die junge Frau von Pardell weiß jetzt auch, was gefragt ist: „I bin die Pardeller Moidl.“ Der Beamte versteht zwar die Hofnamen nicht, aber es geht ihm leicht von der Feder, und so ist eine Maria Pardeller und ein Karl Tragust flugs geboren.
Namensgebung im rätischen Eck
Dann aber kommen Leute, besonders im romanischen Oberen Vinschgau, mit Namen, an denen ein theresianischer Meldebeamter ganz einfach scheitern muss: „Was? Prämajura-Jon?“; „Was? „Muntetschiniger-Ming“? Wie standen dieser Johann und Dominikus später im Meldebuch? Da stand „Grüner“, „Weiß“, „Schwarz“, „Braun“, „Bauer“; oder bei Zuzüglern, „Schwab“, „Tel(f)ser“, „Mailänder“, „Schweitzer“. Deutscher geht’s nicht. Und das mitten in einer rätoromanischen Sprachlandschaft. So mag es sich zugetragen haben, dass da oben im rhätischen Eck einmal ein „Sperzker“ im kaiserlichen Register eingetragen wurde. Die Kirche, die führte schon seit jeher ihre eigenen Tauf, Heirats- und Sterberegister. Dort wurden vielfach lateinische Zunamen verwendet. Bei den gewachsenen romanischen Namen taten sich die lateinkundigen Pfarrer leichter als die Theresianer. Um gleichlautende Namen besser zu unterscheiden, wurde in den Kirchenbüchern aus „Beck“ (Bäcker) ein latinisierter „Pfitscher“ (von Pistorius, abgekürzt Pfist.), aus Schneider ein „Sartori“, aus „Sohn des Johann“ ein Genetti oder „Tschenett“.
Kleine Typologie der Schreibnamen
Die meisten Familiennamen lassen sich einordnen nach:
Verfasst von Georg Dekas, Dr. phil.
Lana, im August 2025