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Beim Wiesler heißt er Zweigler (c) dege

TÖRGGELEN BEIM WIESLER

15. November 2023

Ultner Paarlbrot und ein kräftiger, fruchtiger Eigenbauwein, so fängt’s an, beim Wiesler ober Burgstall.

Ein Bericht von Georg Dekas, selbst erlebt und für gut befunden. Ohne kommerzielles Interesse.

Wir beginnen mit dem Weißen, ein offener, Müller-Thurgau und Kerner. Diese Trauben reifen excellent an den bis spät abends ausgeleuchteten Sonnenhängen des großen Porphyrberges ober Burgstall. Für das «Törggelen», die kleine Herbstjause, zu der man im Meraner Land zusammenkommt, um den Eigenbau-Wein des Hauses zu begutachten, wäre es jetzt schon genug des Guten. Aber nein, dem fein marmorierten Südtiroler Speck, luftgetrocknet, leicht geselcht (geräuchert), im Wiesler-Keller gut abgehangen, den kann man nicht hinten lassen. Und den hauseigenen Vernatsch sollte man unbedingt auch noch probieren. Der süffige hellrote Trinkwein, der im Burggrafenamt eigentlich der traditionelle ist, der wird beim Wiesler zu einem Edeltrank in Rubinrot. Aber weil heute Leopoldi ist, bestellen wir den Herbstschmaus, für den wir zusammen gekommen sind.

Und so tischt der junge, kerngesund aussehende Wiesler die Schlachtplatte auf. In Wahrheit hat jeder von den illustren Herrschaften individuell bestellt, um die richtige Zusammenstellung auf dem Teller zu haben. Zum gesottenen Sauerkraut ohne Einbrenn gibt es Tiroler Knödel. Wie sind die Knödel, fragt der eine den andern. Aus Brot, antwortet der trocken. Umso «wiecher» (saftig-fett) sind die fleischlichen Beigaben.

Ein langes Stücke vom gepökelten und geselchten Schweinsrippele teilt den Teller in der Mitte. Links davon dampft die äußerst gschmackige, frische Hauswurst mit rustikaler Räuchernote: «Uungselcht» sagt der Meraner dazu, was eben nicht «ungeselcht» (ungeräuchert) heißt, sondern «nur leicht angeselcht». Rechts thront der gar nicht trockene Knödel auf dem Sauerkraut. Neben dieser Basisausführung runden wahlweise Blut- und Leberwurst den herbstlichen Vollgenuss ab.

Und damit einem nichts abgeht, wird zusätzlich zum offenen Weißen und Roten ein Flaschen-Cuvée bestellt, ein dunkelroter Zweigelt aus Wieslers Anbau. Deshalb hat er auch «Zweigler» auf das Etikett geschrieben und nicht «Zweigelt», er ist ja der Wiesler, sehr freundlich und stets zuvorkommend, mit schlauen Äuglein wie ein… ja, der Name sagt es schon.

Von Familie Wieslers Tüchtigkeit zeugt schließlich auch der vorbildliche Familienbetrieb, den das Ehepaar in 27 Jahren mit stetigem Einsatz aufgezogen hat. Nichts zu groß, kein Kitsch, alles blitzblank, Vater und Sohn bedienen, Mama kocht, geöffnet von Mittwoch bis Sonntag. So ist es machbar für die Bauers- und Wirtsleute und so ist es gemütlich und persönlich für den Gast.

Den Herbstschmaus beim Wiesler rundet man mit Maroni (gebratene Keschtn, Kastanien) oder Krapfen und einem kräftigen Schnapsl ab. An den Nebentischen (drei Gruppen mit jungen Leuten) wurde Rindsgulasch, Kaiserschmarrn und Frittatensuppe erspäht. Es muss nicht immer uungselcht sein.

Mittwoch, 15. November 2023, Sankt Leopold

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