UNVERDROSSEN

Die vielen Bewerber, die herzeigbaren Listen, die jungen Leute, bereit, an der „res publica“ (der Sache Aller) mitzuarbeiten – allein das zeigt und beweist schon, dass es in Lana (wie auch anderswo in Südtirol) keine Spur von Politikmüdigkeit und Verdruß gibt. Der wird gebetsmühlenartig immer dann als Wortspende eingestreut, wenn es um die sinkende Wahlbeteiligung geht (BM Taber: „Wermutstropfen“). Dabei lässt ein genauer Blick auf die Zahlen (in Lana) eine ganz andere Deutung zu. Ich habe eine Tabelle mit der Wahlbeteiligung in Lana zusammengestellt, die ein Verteljahrhundert umfasst (Quelle: Region). Die Zahlen sagen Folgendes.

In 25 Jahren liegen die ausgezählten Stimmzettel ziemlich stabil um die 6.000 Stück (mit minimalem Schwund 6.053 in 2020, 5.955 in 2024). Offensichtlich gibt es in Lana einen harten Kern der Wählerschaft. Der eher gleichbleibende Wert bedeutet, dass sich Abgänge (Verstorbene) und Zugänge (Junge und Zugereiste) bei den aktiven Wählern so ziemlich die Waage halten, und dass einmal aktive Wähler immer aktive Wähler sind. Auf diesen Grundstock bauen zu können, ist schon einmal nicht schlecht.

Die Hammerzahl von einer um 20% gesunkenen Wahlbeteiligung in Lana (2020-2024) ergibt sich erst und rein mathematisch, wenn man den Zuwachs der Wahlberechtigten und damit den gewaltigen Zuzug in Lana erfasst. Seit 2020 sind in Lana 2.375 neue Wahlberechtigte (!) dazu gekommen. Im selben Zeitraum (2020-2024) hat auch die Anzahl der Nichtwähler um 2.473 zugenommen. Diese beiden Zahlen decken sich bis auf eine kleine Differenz von knapp 100 Stimmen (welche dem leichten Minus im harten Kern der 6000 zugeordnet werden könnten). Es liegt die Vermutung auf der Hand, dass es die Zuzügler sind, die nicht an der Gemeindewahl teilnehmen. Die Erklärung dafür muss keinesfalls Politikverdruss sein. Wenn man nämlich a) mit dem neuen Umfeld zufrieden ist; b) genügend offene Türen findet; c) die öffentlichen Dienste gut funktionieren; oder d) glaubt, noch kein rechtes Nahverhältnis zu den Eingesessenen aufgebaut zu haben, dann ist eine Wahlenthaltung gleichbedeutend mit der Aussage: „Ihr werdet das schon richten, ich bin auch so recht glücklich“. Dass die Presse* natürlich zu oft die Mauler hervorpickt „Tien eh wossi welln“), verzerrt das Bild eher als dass es die Wirklichkeit beschreibt.

*Presse: Besonders ausgeprägt ist die Negativität bei den Italienern, Beispiel L’Adige vom 28. Mai 2024: Pombeni: Al voto andrà sempre meno gente […] «La gente pensa che in politica non cambia niente. I partiti sono ormai dei circoli chiusi. Alle Europee non voterà più del 50 per cento»